Wenn man stundenlang in einem nervtötenden Plenum sitzt, sich das rassistische Gelaber in Kneipen oder Talkshows reinzieht oder wieder einmal von der Polizei auf Demos angegriffen wird, kommen schon mal Zweifel auf, ob die ganze politische Arbeit Sinn ergibt. Aus diesem Grund haben wir einen antifaschistischen Jahresrückblick für euch und für uns erstellt – um aufzuzeigen, wie viel wir 2019 geschafft haben und wofür es sich zu kämpfen lohnt!
Das Jahr begann mit einem mäßig besuchten Antifa-Café im Alten Fritz zum Wehrhahnanschlag in Düsseldorf. Mit dem Antifa-Tresen im Trotz Allem am 19. Januar änderte sich dies stark, so besuchten rund 80 Menschen die Cocktailparty, mit der unter anderem Soli-Gelder für die Aktion gegen den Alternativen Wissenskongress 2018 gesammelt wurden, und feierten die Live-Musik von Akzent One.
Ab Februar startete die lang geplante und intensiv beworbene F_Antifa-Vortragsreihe. Die feministische Perspektive auf rechte Strukturen, aber auch die Selbstreflexion von Männlichkeit stießen auf großes Interesse. Das Bewusstsein führte zudem dazu, dass sich am 8. März eine größere Gruppe Menschen aus Witten auf den Weg zur Frauenkampf-Demo in Bochum machte. In diesem Rahmen entstand auch dieses schöne Mobi-Video in Witten, welches wir uns immer wieder gerne anschauen.
Der April stand ganz im Zeichen der Europawahl. Wurde der Wahlkampauftakt der AfD am 13. April in Ennepetal nur aus entfernter Sichtweite gestört, sah das Ende April schon ganz anders aus. Durch ein breites Bündnis und
verschiedene Mobi-Aktionen im Vorfeld zogen rund 500 Menschen vor den Saalbau in Witten und besuchten die AfD, die mit ca. 35 Sympathisant*innen in diesem einen „Bürgerdialog“ abhielt.
Am kommenden Tag fuhren viele Wittener*innen nach Bochum, um an der Revolutionären Vorabenddemo teilzunehmen. Auf dieser wurde auch eine kämpferische Rede zum Thema Klassenkampf von Genoss*innen aus dem Trotz Allem gehalten.
Am darauffolgenden Tag, dem 1. Mai, wurde das neugegründete Bündnis Riseup Duisburg gegen die dort aufmarschierenden Nazis unterstützt.
Im Rahmen dieser drei Demos haben wir erneut festgestellt, wie unangenehm die Partei MLPD und ihre Mitglieder sind. Sowohl ideologisch, als auch in der politischen Praxis lehnen wir daher jede Zusammenarbeit mit ihnen ab und fordern auch euch dazu auf, euch kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen.
Am 8. Mai gab es einen Umtrunk im Trotz Allem, um auf die Niederlage von Nazideutschland 1945 anzustoßen. Zudem wurde der Identitäre Alexander Lehmann wenige Tage später geoutet. Er ist jetzt Teil des AfD-Kreiverbandes Ennepe-Ruhr. Weitere Informationen zum Kreisverband und warum die AfD aus allen demokratischen Diskursen ausgeschlossen gehört, hat ENSSQ treffend zusammengefasst.
Das war es auch schon mit öffentlichen Naziaktivitäten in Witten. Somit konnten nach der Sommerpause die Nachbarstädte Essen, Dortmund und Herne bei ihren Kämpfen gegen Naziprobleme unterstützt werden.
Ende Oktober wurde mit einem offenen Brief des ENSSQ-Bündnisses erreicht, dass die Stadt Galerie Witten den Auftritt des antisemitischen und verschwörungstheoretischen Musikers Christian Anders spontan abgesagt hat.
Am 1. November gab es eine große Demonstration in Solidarität mit Rojava in Bochum, wofür auch in Witten breit mobilisiert wurde.
An den örtlichen Gedenkveranstaltungen zum 9. November konnten wir leider nicht teilnehmen, da wir in Bielefeld unterwegs waren. Trotz der damaligen Geschehnisse wurde den Nazis erlaubt am Jahrestag der Progromnacht für eine Holocaustleugnerin zu marschieren. Zum Glück fanden rund 14.000 andere Menschen dies genau so scheiße wie wir und die Nazis konnten nur unter massivem Polizeischutz ihre Route laufen.
Am 21. November bekam das Trotz Allem in einer nächtlichen Aktion Besuch von der neugegründeten F:Antifa-Gruppe aus Bochum, die sowohl auf sich aufmerksam machen wollte, als auch eine feministische Kritik an linken Räumen übte. Wie mit dieser Kritik umgegangen wird, wird sich zeigen.
Obwohl es außer dem AfD-„Bürgerdialog“, ein paar gesprühten Hakenkreuzen, einer Flyeraktion der IB und ein paar böse dreinblickenden Thorsteiner-Trägern kaum öffentliche Naziaktivitäten in Witten gab, dürfen wir uns nicht darauf ausruhen! Die Erfahrung zeigt, dass Nazis ihre Inaktivität häufig nutzen um sich zu vernetzen und zu (re-)organisieren. Daher gilt es wachsam zu bleiben, auch im Hinblick auf die Kommunalwahl 2020.
Ein bisschen anders sieht es im Ennepe-Ruhr-Kreis aus. Sowohl schwächere antifaschistische Strukturen, als auch die eher ländliche Gegend bieten Nährboden für rechtes Gedankengut. Rechte Aufkleber in Gevelsberg, Schmierereien in Wetter und Schwelm und AfD-Veranstaltungen in Ennepetal und Hattingen gilt es für das kommende Jahr zu verhindern. Deswegen freuen wir uns, dass sich stabile Menschen in Wetter zur Antifa Wetter zusammengeschlossen haben. Nachahmenswert!
Abschließend gilt unser Dank dem soziokulturellen Zentrum Trotz Allem, welches einen Raum für antifaschistische Bildung schafft, dem ENSSQ-Bündnis, mit welchem wir gerne gegen reaktionäres und faschistisches Gedankengut zusammenarbeiten, und den Antifaschist*innen aus unserer großen Nachbarstadt Bochum, die uns immer mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Wir freuen uns auf das Jahr 2020 und auf viele spannende antifaschistische Aktionen. Wenn ihr auch gegen Nazis aktiv werden wollt, schreibt uns einfach eine Mail oder kommt zum Antifa-Café ins Trotz Allem am ersten Dienstag des Monats.
Stehen wir solidarisch zusammen, gegen Faschismus und für das gute Leben für Alle!