Tag und Nacht wird sie bei dir sein.. die Polizei!

Die konstant bleibende Anzahl an COVID-19 erkrankten Menschen und das Fallen der Ansteckungsrate auf unter eine Person, verleitete regierende Politiker*innen dazu, verschiedene Beschränkungsmaßnahmen zurückzunehmen. So kann ein Großteil der Gesellschaft wieder der Lohnarbeit nachgehen, in der Innenstadt shoppen oder ins Fitnessstudio rennen. Ein Gefühl der Normalität schleicht sich ein.

Jedoch sind zwei Maßnahmen immer noch Vorschrift: Zum einen die Abstandsregel von 1,50m pro Person, zum anderen dürfen sich keine Personengruppen aus mehr als zwei Haushalten im öffentlichen Raum aufhalten. Im Betrieb, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkaufen ist dies kaum möglich, jedoch müssen Menschen das Risiko auf sich nehmen, um ihren Job nicht zu verlieren. Unter der Woche gehen Menschen roboten und sollen die Wirtschaft durch Einkäufe ankurbeln. Am Wochenende sollen sie sich isolieren, keine andere Menschen treffen und keine Kultur erleben.

Diese Regeln umzusetzen, können und wollen jedoch nicht alle. Nach einer anstrengenden Arbeitswoche ist das Bierchen mit Freund*innen für viele ein wichtiger Ausgleich. Auch Menschen, die alleine oder mit einer großen Familie auf engem Raum leben, zieht es nach draußen. Ebenso Wohnungslose und Jugendliche, die sich der elterlichen Kontrolle entziehen, sind auf den Straßen unserer Stadt unterwegs.

Während das Treiben in der Innenstadt zu Öffnungszeiten der Geschäfte mit dem Ordnungsamt oder den lokalen Streifenpolizist*innen überwacht, bleibt es häufig bei Hinweisen oder Ermahnungen. Auch bei den Ansammlungen der Corona-Leugner*innen wird ein Auge zugedrückt. Dies ändert sich in den Abendstunden, während derer seit circa einer Woche die Hundertschaft aus Bochum in Witten im Einsatz ist.

Die Hundertschaft ist normalerweise dafür da, Großveranstaltungen, wie zum Beispiel Fußballspiele, abzusichern. Da dieses Arbeitsfeld zur Zeit wegfällt, sollen sie anscheinend an öffentlichen Orten für „Recht und Ordnung“ sorgen. Die oben beschriebenen Gesetze geben ihnen ein weiteres Werkzeug für willkürliche Repression in die Hand, um jegliche (unliebsame) Gruppe an Menschen überprüfen und ggf. bestrafen zu können. Sie patroullieren in vollbesetzten Mannschaftswagen durch die Straßen und beargwöhnen jede Form von sozialem Miteinander. Wird ein Fehlverhalten ausfindig gemacht, werden teilweise mit mehreren Einsatztruppen in 1:1-Betreuung vollständige Personenkontrollen durchgeführt. Manchmal bleibt es bei einem Bußgeld, manchmal werden zusätzlich Anzeigen geschrieben oder Festnahmen vorgenommen. Es ist kein Zufall, dass häufig Migrant*innen oder sozial Schwache den Kontrollmaßnahmen ausgeliefert sind, da nach bei der Polizei bestehenden Ressentiments gehandelt wird, oder wie sie sagen würden: „Erfahrungswerte“. Dass die Hundertschaft bei den Kontrollen nicht besonders rücksichtsvoll vorgehen, verwundert nicht weiter, wenn man bedenkt, dass sie sonst rivalisierende Fußballgruppen auseinander hält.

Das kann aber nicht die Lösung sein, sondern schafft nur weitere Probleme!

Anstatt sich mit Abstand im Park zu verabreden, werden die Menschen dazu gedrängt, sich in ihren stickigen Wohnungen treffen. Sie werden sich ungerecht behandelt fühlen, wenn sie sich bei ihren Arbeitskolleg*innen anstecken, aber 250 Euro bezahlen müssen, wenn sie zu dritt die Straße entlang gehen. Häusliche Gewalt und psychische Krankheiten durch Isolation werden ebenfalls zunehmen.

Daher fordern wir: Die Hundertschaft raus aus Witten! Mehr Gesundheitsschutz auf der Arbeit! Soziale Gerechtigkeit statt Überwachung des Sozialen!

Und falls ihr doch in Kontakt mit der Polizei geratet, denkt daran: Anna und Arthur haltens Maul!

Edelweißpiraten am Berger Denkmal

Zum 8. Mai, dem 75. Jahrestag des Sieges über NS-Deutschlad, sind die Edelweißpiraten Witten in die Öffentlichkeit getreten! Am Berger Denkmal im Hohenstein wurde ein großes Banner gedroppt, hier findet sich das hübsche Video dazu:

Folgende Nachricht wurde uns übermittelt:
Hallo alle miteinander,

wir sind die Edelweißpiraten Witten! Wir sehen uns in der Tradition der Edelweißpiraten zur Zeit der NS-Diktatur in Deutschland.

Wir glauben nicht, dass mit dem Ende des zweiten Weltkrieges, der Faschismus verschwunden ist. Wir sind deswegen 75 Jahre später aktiv geworden, um den Faschismus und seinen Nährboden, auf dem er gedeihen kann, zu bekämpfen. Ungleichheit, Macht, Diskriminierung, Konkurrenz und Ausbeutung sind tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt. Sie gilt es zu verändern, damit NIE WIEDER auch wirklich NIE WIEDER bedeutet. Wir haben am Wochenende das deutlich gemacht, indem wir ein riesiges Transparent am Bergerdenkmal aufgehangen haben, damit weithin sichtbar
ist, dass der Nazismus in Witten, Deutschland und weltweit zerschlagen gehört!

Das haben wir als Video festgehalten.

vimeo.com/416893921

Schaut es euch gut an, verbreitet es und nehmt es als Denkanstoß für das eigene Handeln.

Nie wieder Faschismus – Deutschland entnazifizieren!

f:antifa – Widerständige Frauen in Witten

In der Nacht zum 8. Mai war die f:antifa Bochum unterwegs und hat auch in Witten eine Gedenkstelle für eine Widerstandskämpferin in der NS-Zeit aufgebaut.

Anna Elfriede Möhrke, geb. Christoph + 29.10.1890 in Groß Gay Abbau (Posen) – + 29.04.1974 in Witten

Elfriede Möhrke lebte von 1915 bis in die 1930er Jahre mit ihrem Mann und ihren 3 Kindern in der damaligen Wilhelmstraße 24, heute Galenstraße. Als aktives Mitglied der KPD in Witten wurde sie im März 1933 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Dieses Amt konnte sie aber wegen der Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht antreten, da diese die Zuteilung der Sitze an die gewählten kommunistischen Vertreter*innen für unwirksam erklärten. Nach der erzwungenen Auflösung der KPD war sie im Wittener Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv. Sie wurde 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Wenige Tage nach der Haftentlassung wurde sie erneut von der Gestapo zunächst im Polizeigefängnis Witten und später in Bochum eingesperrt. Von dort aus wurde sie erst in das Frauen-KZ Moringen bei Hannover und danach in das Frauen-KZ Lichtenburg bei Torgau deportiert. Am 4. Juni 1938 kam Anna Elfriede Möhrke aus dem Konzentrationslager frei. Frau Möhrke überlebte die Verfolgungszeit und wohnte seit 1946 in der Wilhelmstraße 19 und in den 1950er Jahren in der Kirchstraße. Anna Elfriede Möhrke starb am 29. April 1974 in Witten. Heute erinnert ein vom Wittener Friedensforum gestifteter Stolperstein in der Galenstraße an die couragierte Frau.

Alle weiteren Infos gibt es hier.

Aktivismus in Witten. Was geht so, trotz Corona?

Die hochansteckende Erkrankung COVID-19 und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln verändern linken Aktivismus. Wir haben keine Möglichkeit mehr, uns in sozialen Räumen zu treffen, auszutauschen und zu bilden. Gleichzeitig können wir nur stark eingeschränkt demonstrieren und uns kollektiv bestärken. Doch gerade jetzt, wenn die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems mit aller Wucht einschlagen, gilt es solidarisch eine gerechte Politik zu fordern und gemeinsam in die Tat umzusetzen. Um also auf der einen Seite Menschen nicht durch Ansteckung und der damit einhergehenden Verbreitung zu gefährden, auf der anderen Seite aber Druck auf die regierende Politik und die Reichen der Gesellschaft auszuüben, bedarf es einer Modifizierung linker Praxis.

Nach einem Monat weitestgehender Ruhe vor rechter Propaganda und sinkender Umfragewerte für die AfD, scheinen sie jetzt im Wasser von Verschwörungstheorien und Protest gegen die Infektionsschutzmaßnahmen wieder Fahrt aufzunehmen. Es braut sich eine trübe Suppe aus Wirtschaftsvertreter*innen, Neoliberalen, Querfront, Antisemitismus und Esoterik an, die ähnlich wie bei Pegida von Teilen der deutschen Presse großgeschrieben wird. Aus antifaschistischer Perspektive dürfen wir nicht unsere Ressourcen damit verschwenden, jede einzelne noch so absurde Verschwörungstheorie aufzudecken und skandalisieren zu wollen, da wir ihnen so nur die gewollte Reichweite verschaffen. Wir müssen eigene Antworten auf die Probleme der Menschen geben und ihnen eine Alternative zu Konkurrenz und Ausbeutung bieten.

Durch das Umsetzen von „physical distancing“ (körperlicher Distanz) hat sich ein Großteil linker Politik auf die digitale Welt verlagert. Dieses stark vernachlässigte Feld bietet einige große Vorteile. Da sich in unserer Mediengesellschaft eine Vielzahl der Menschen regelmäßig bis zu mehreren Stunden im Internet informiert, können so mit wenig Aufwand politische Inhalte vermittelt werden. Der Abbau von Barrieren ermöglicht sich zu bilden und zu vernetzen. Wir wären zum Beispiel niemals nach Halle gefahren, um uns einen Vortrag anzuhören. Auch das Aneignen von technischen Fähigkeiten und das effektive Nutzen von sozialen Plattformen wird weiterentwickelt. Das ist auch dringend notwenig, wenn man berücksichtigt, dass die eigenen Inhalte allzuhäufig an der eigenen Freundes- und Algorithmusbubble hängen bleiben und nur Menschen erreicht, die ohnehin schon die gleichen Gedanken teilen.
Aus diesem Grund bleibt der Aktivismus auf der Straße unumgänglich.

Hierfür wollen wir Beispiele aus unserer knapp 100.000 Menschen-Stadt der letzten Wochen vorstellen:

Eigene Inhalte sichtbar machen!

Als klassische Form bleibt das Plakatieren im öffentlichen Raum eine bewährte Möglichkeit, Passant*innen zu erreichen. So sind Plakate für eine solidarische Gesellschaft und einen selbstbestimmten Umgang mit der Coronakrise aufgetaucht. Es lohnt sich bei den Menschen Gedankenanstöße auszulösen und sie in kleinen Schritten Richtung einer progressiven Einstellung zu bewegen.Die neu etablierten Gabenbäume sind eine Möglichkeit, praktische Solidarität mit allen zu zeigen, die finanziell unter der Corona-Krise leiden. Wer im eigenen Viertel Ähnliches umsetzen möchte, kann sich unsere Flyer als Vorlage ausdrucken.

Am 25. April gab es in der Wittener Innenstadt eine Aktion unter dem Label der „Seebrücke“, initiiert durch die lokale Ende Gelände-Gruppe. An zentralen Orten wurden Eimer mit (abwaschbarer) Farbe und Kreide positioniert, die genutzt werden konnten, um die Inhalte und Forderungen im Stadtbild sichtbar zu machen. Dieses Mitmachangebot wurde von vielen Freund*innen und Bekannten angenommen und die Teilnehmenden kamen mit unzähligen weiteren Menschen ins Gespräch. Viele Menschen lasen die Botschaften und erkundigten sich. Das Ganze wurde mit Plakaten, Transparenten, Flyern und anderer Symbolik garniert und erzeugte viele ästhetische Bilder für Print und soziale Medien.

Die zweite größere Aktion wurde am internationalen Arbeiter*innenkampftag durchgeführt. Maßgeblich vom soziokulturellen Zentrum Trotz Allem initiiert, wurde dazu aufgerufen, Transparente mit antikapitalistischen und kritischen Parolen sichtbar zu machen. So wurden am 1. Mai rund 15 Transparente in Witten verteilt gesichtet. Neben der Hoffnung, dass es möglichst viele Menschen gesehen und ihre Emotionen und Gedanken beeinflusst hat, wurde eine schöne Auswahl unter #SolidaritaetstattKonkurrenz gebündelt der Followerschaft präsentiert.

In den beschriebenen Fällen hat sich gezeigt, dass Mitmachaktionen gut angenommen werden. Die Parole „werdet aktiv!“ mit konkreten Handlungsvorschlägen zu füllen, bietet die Möglichkeit indiviuell in der WG, Familie, zu zweit oder alleine niederschwellig aktiv zu sein und sich trotz Corona nicht alleine und gelähmt zu fühlen.

Nutzen wir das Potential, dass aktuell viele Menschen mehr Zeit haben für unsere Praxis! Üben wir gemeinsam und jede*r für sich Druck auf die Politik und die anstehenden Kommunalwahlen aus!

Es geht voran, Geschichte wird gemacht!
Nichts wird uns geschenkt, alles muss erkämpft werden!
Siamo tutti antifascisti!