Erinnern heißt kämpfen!

Dass die Stadt Witten das jährliche Gedenken abgesagt hat, ist zwar bedauerlich, jedoch nachvollziehbar. Nichts desto trotz erachten wir es auch in diesem Jahr als notwendig, uns an die Verbrechen der Nazis zu erinnern.
Wir wollen heute an die Opfer der Novemberpogrome im Jahr 1938 und der Shoah denken. Unzähligen Jüd*innen, die zuvor schon massiven Drangsalierungen der Nazis ausgesetzt waren, wurde in den Tagen um den 9. November jegliches Hab und Gut genommen, die Synagogen und Gebetsräume zerstört und Menschen eingesperrt und ermordet.
Wir gedenken dem Leid und der Ungerechtigkeit, denen so vielen durch die Nazis ausgesetzt waren. Auch wenn wir uns nur bedingt in die Lage der Betroffenen von früher hineinversetzen können, können wir jedoch ihre Geschichten weitererzählen und uns an sie erinnern.
An was wir uns auch erinnern müssen, ist, wie die Nazis es schaffen konnten, ein Klima der Gleichgültigkeit und Verrohung zu schaffen, in der all die Verbrechen ohne nennenswerten Widerspruch der Gesellschaft durchgeführt werden konnten
Mit dem Beginn der Machtübernahme durch die Nazis wurden die deutschen Volksreihen geschlossen und die Feinde markiert. Neben politischen Oppositionellen, Kommunist*innen und Anarchist*innen wurden vor allem die Menschen als Feind und Problem dargestellt, die einer angeblichen „gesunden“ deutschen Rasse schaden würden. Dies waren neben Schwarzen, Sinti & Roma, Homosexuellen und Menschen mit Behinderung vor allem Jüd*innen, die als Sündenböcke für jedwedes Übel benannt wurden. Die regierenden Nazis und die gleichgeschalteten Medien konstruierten eine jüdische Weltverschwörung, die so mächtig sei, dass sie für jede Missernte, Geldknappheit oder welches Leid auch immer, verantwortlich seien, mit der Absicht, den „Deutschen“ zu schaden. Gleichzeitig wurden über die Vermittlung von Bildung und Kultur jüdische Menschen als Tiere und als der Inbegriff böser christlicher Moralvorstellungen, die seit dem Mittelalter existieren, dargestellt. 
Aufgepeitscht durch diese Stimmung, fanden die Gesetze der Nazis großen Anklang in der Gesellschaft, ging es doch vielen Deutschen dadurch scheinbar besser. Die Politik und Propaganda der Nazis wirkte so gut, dass bei den Novemberpogromen der Widerspruch bei breiten Teilen der Bevölkerung fast vollständig ausblieb und sie sogar mitmachten oder sich zumindest im Nachhinein daran bereicherten. 
Die diffuse Vorstellung, dass „die Jüd*innen“ im Geheimen die Welt kontrollieren und am Leid der „einfachen Menschen“ Schuld sind, konnte nur die logische Konsequenz nach sich ziehen, alle jüdischen Menschen zu ermorden, ob Mann, ob Frau, ob alt, ob jung. Die Folge war die Shoah. Das Ziel, jedes jüdische Leben zu vernichten. Voraus ging eine kulturelle Entrechtung, eine Markierung und die Entmenschlichung.
Unsere Aufgabe ist es, aus der Vergangenheit zu lernen, die Propaganda der Rechten zu erkennen und den Antisemitismus zu zerschlagen.
Erinnern heißt kämpfen!
Nie wieder Faschismus, nie wieder Deutschland!

Aufgrund des ausfallenden Gedenkens haben wir gemeinsam mit der SDAJ Witten eine Kundgebung im kleinen Kreis veranstaltet. Neben unseren Redebeiträgen hat der Wittener Historiker Ralph Klein einen kurzen Einblick in seine umfassende Arbeit zu lokalen Geschehnissen gegeben, sein Buch Der Novemberpogrom 1938 in Witten (84 Seiten, DeNoantri-Verlag) kann im Wittener Stadtarchiv oder der der Buchhandlung Lehmkul gekauft werden.