Jahresrückblick 2020

So wie im letzten Jahr haben wir erneut einen Jahresrückblick geschrieben, der sowohl uns vor Augen halten soll, was wir und andere antifaschistische Kräfte alles geschafft haben, als auch für andere einen Anreiz darstellen, sich politisch einzubringen und zu organisieren. 
Es war ein turbulentes Jahr, wir versuchten uns nicht all zu lang zu fassen, was aufgrund der vielen Ereignisse nicht so leicht war. Viel Spaß beim Lesen.
Das Jahr 2020 begann vielversprechend. Ab Februar starteten wir zusammen mit der Antifaschistischen Gruppe 5 aus Bochum unsere Vortragsreihe „Flucht und Ankommen?!“ mit mindestens 6 Veranstaltungen in zwei Städten. Zu diesem Zeitpunkt war das Thema Flucht bei vielen Linken entwas zurückgestellt worden, auch wir konnten nicht erahnen, wie aktuell die Inhalte noch sein würden. Reichten schon bei der ersten Veranstaltung am 4. Februar die Stühle nicht mehr, kamen am 20. Februar in die Kulturfabrik noch einige Menschen mehr und das, obwohl wir die Uhrzeit nach hinten verschieben mussten, da es zuvor noch eine Spontandemo durch Bochum gab, da am Tag zuvor ein Nazi 10 Menschen in Hanau ermordete. Auch unsere dritte Veranstaltung am 3. März “ Die Lager auf Lesbos und der türkische Flüchtlingsdeal“ konnte nicht ohne ein besonderes Ereignis durchgeführt werden. Als Erdogan erneut Krieg auf kurdischen Gebiet führte, hielt er sich europäische Kritik vom Leibe, indem er Geflüchtete an die griechische Grenze brachte, die dann von der griechischen Grenzwache mit Schüssen und Zäunen abgehalten wurden. Niemals war ein Vortrag aktueller!
Leider war dies auch der letzte Vortrag unserer Reihe, so mussten wir nach dem Frauenkampftag am 8. März, den wir auf den kämpferischen Demos in Bochum und Dortmund erlebten, unsere weiteren Veranstaltungen aufgrund der Ansteckungsgefahr von Covid19 und den Maßnahmen der Regierung absagen. Vielen Dank an alle Beteiligten, es hat viel Spaß gemacht! Leider musste wenig später auch die Kulturfabrik wegen deutscher bürokratischer Verordnungen schließen. Wir hoffen, ihr findet bald neue Räume. Auch das Trotz Allem hat seitdem keine Vorträge mehr in Präsenz durchgeführt, ist aber trotzdem auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Wenn ihr also noch eine gute Verwendung für euer Weihnachtsgeld braucht, dann legt es mal ins Trotz an!
Haben wir keine Räume, nehmen wir uns die Staße!
Auch wenn uns schmerzlich der soziale Austausch bei Bildungsveranstaltungen, Plena und Partys fehlt, war es für uns keine Option die politische Arbeit einzustellen. So veränderten wir und andere linke Akteur*innen in Witten ihre Praxis und konnten dadurch weiter lokale Akzente setzen. Einen Überblick findet ihr hier. Ein kleiner Erfolg ist, dass es noch vor der Kommunalwahl geschafft wurde, Witten zum „Sicheren Hafen“ zu machen.
Am 8. Mai, 75. Jahrestag der Niederlage des faschistischen Deutschlands, gab es gleich drei antifaschistische Aktionen. Neben unserem Bild, in dem wir uns mit den selbstorganisierten Migrantifagruppen solidarisieren, erinnerte die F:antifa Bochum an Widerstandskämpfer*innen in Bochum und Witten und klebte dafür schwarze Umrisse der Frauen mit Informationen auf. An diesem Tag traten auch das erste Mal die Edelweißpirat*innen in Witten auf und bescherten uns den schönsten Bannerdrop im Jahr 2020 am Hohenstein.

 

Den restlichen Mai setzten wir uns inhaltlich mit der Polizei auseinander. So beobachteten wir das Verhalten der Polizei und analysierten ihre Öffentlichkeitsarbeit. Auch in Witten gab es mehrere Fälle von Täuschung, Gewalt und Rassismus durch die Polizei. Wir blicken mit Sorgen in die Zukunft – autoritäre Formierung und Herrenmenschattitüde sind ein ernstzunehmendes Problem! Eine Welt ohne Polizei ist möglich!
Dass die Corona-Krise und die Maßnahmen eines kapitalistischen Staates die soziale Ungleichheit noch weiter vergrößern und nicht das Überleben des Menschen, sondern vor allem die Wirtschaft in den Mittelpunkt stellen wird, war uns schon früh bewusst. So konnten wir zusammen mit dem Bündnis Ennepe-Ruhr-stellt-sich-quer und weiteren Bündnispartnern, sowohl der aufkeimenden wissenschaftsfeindlichen Verschwörungsszene das Wasser abgraben und gleichzeitig eigene Inhalte auf die Straße bringen. Die Kundgebung „Solidarität statt Konkurrenz“ am 6. Juni in Witten vor der Stadtgalerie war zugleich der Startschuss für einen erfolgreichen Protest gegen die AfD im gesamten Ennepe-Ruhr-Kreis. Über 100 Menschen demonstrierten in Herdecke gegen die Aufstellung der Kommunalliste und zwangen den kommunalen Ableger dazu, die Aufstellung zu verschieben. Was ihnen sowohl mehr Arbeit, als auch eine Rüge von den lokalen Behörden einbrachte. Ähnlich bitter sah es auch für den landesweiten Wahlkampfauftakt in Ennepetal aus, als 400 hochmotivierte Menschen von jung bis alt den gerade einmal 150 Rechten, die aus dem gesamten Bundesland kamen, mehr als deutlich machten, dass sie hier nicht willkommen sind. Das saß dann wohl erst einmal. Bis auf ein paar Plakate, die aber zeitnah entfernt werden konnten und ein paar Flyer in Briefkästen wenige Tage vor der Kommunalwahl, hatte die AfD im Ennepe-Ruhr-Kreis nicht viel zu bieten. ENSSQ konterte dies mit einer ausführlichen Kampange, welche in 10 Punkten über die Machenschaften der AfD aufklärte, und hielt es in einem Video fest und verbreitete es mittels Flyer.

Nicht verwunderlich, dass sich die AfDErgebnisse im Vergleich zur Europawahl mehr als halbierten. Schön zu sehen, dass Protest wirkt. ENSSQ ist zur Zeit so gut organisert, wie noch nie und flächendeckend über den Kreis verteilt. Auch wenn die AfD es in die Parlamente geschafft hat, werden sowohl ENSSQ, als auch wir weiterhin ein Auge auf die rechten Akteure haben. Wenn man die Verstrickungen zwischen Hasenkamp und der AfD in Witten sieht, wird das auch notwendig sein. Auch nutzte ENSSQ den AfD-Bundesparteitag in Kalkar als Aufhänger, um weiterhin vor der AfD zu warnen und zu informieren.

Da die Nazis dieses Jahr zum Glück keine Demonstration zum 9. November in Bielefeld oder sonst wo durchführten, konnten wir die Zeit nutzen und zusammen mit der SDAJ ein antifaschistisches Gedenken an die Opfer der Pogromnacht in Witten durchführen. Auch die Edelweißpirat*innen konnten noch ein bisschen Nazipropaganda entfernen und erinnerten selbst mit einem Transparent an die Verbrechen der Nazis.

 

Witten Nazifrei!?
Trotz Kommunalwahl konnten wir (fast) keine Naziaktivitäten beobachten. Auch für den AfD-Kreisverband war es ein turbulentes Jahr. So konnte Renkel und sein Gefolge zwar weiter ihre Positionen festigen und Widersacher in den eigenen Reihen rausdrängen, jedoch wurde Renkel zu einem relativ ungüstigen Zeitpunkt als Straftäter verurteilt. Obwohl der Kreisverband eng mit dem Landesvorsitzenden Lucassen verbunden ist, kann die AfD-EN alles andere als neoliberaler, gar konservativer Ableger angesehen werden, wenn man sich zeitgleich die engen Verbindungen zum Faschisten Helferich anschaut. Neben Gefährten, die sich nach der „guten alten Zeit“ sehnen, sind vor allem mehrere junge Akteure in die vorderen Reihen getreten. Sowohl Tim Ceshan, als auch Jan Eickelmann sind im Vorstand der faschistischen Jungen Alternative, die auch einen ziemlich engen Kontakt zu (ehemaligen) Identitären pflegt. So ist es nur ein logischer Schritt, dass der immer noch umtriebige Identitäre Alexander Lehmann zum engeren Umfeld von Renkel gehört. Auch wenn der aktive Kreis der AfD im EN-Kreis sich aktuell nur noch auf rund 20 Menschen beläuft und sie so weit rechts abgebogen sind, dass ihnen viele Wege ins bürgerliche Milieu verbaut sind, haben sie sich am rechten Rand eingenistet und werden über die nächste Wahlperiode hinweg vor allem liberale Lebensentwürfe und linke Räume attackieren. Um so mehr gilt es, sie aus antifaschistischer Perspektive zu isolieren und mögliche Partner zu enttarnen und zu skandalisieren.
Mit der Corona-Krise verstärkte sich zunehmend das Phänomen von Verschwörungstheorien und Antisemitismus. Eine Mischszene aus Querfront, Esoterik und Rechten kritisierten vordergründig die autoritären Maßnahmen des Staates, aber fordert in Wirklichkeit noch viel menschenverachtendere Maßnahmen von Vernichtungen bis Sozialdarwinismus. Witten blieb von größeren Aufläufen und einer rechten Formierung weitestgehend verschont. Nur im April meditierten und bespaßten sich rund 50 Coronaleugner*innen am Rathausplatz gegenseitig und verschwanden in den folgenden Wochen recht schnell wieder. Allerdings wurden vereinzelt verschwörungstheoretische Aufkleber am Hohenstein und ein Transparent mit kruden Botschaften, sowie rote gesprühte Qs (für Qanon) am Haus Witten gesichtet. Also Augen offen halten und wenn es geht, entfernen!
Rechtsradikale konnten bei den Querdenkern in Witten nicht gesichtet werden, jedoch einige (ex-)Linke und Esoteriker*innen. Die Uni Witten/Herdecke sowie das Waldorfinstitut bezahlen einige Dozent*innen, die dieses Jahr durch coronaleugnende und verharmlosende Aussagen und (geplante) Veranstaltungen aufgefallen sind. Auch einige Ärzt*innen, die besonders locker mit Attesten für das Aufheben der Maskenpflicht um sich werfen, wohnen in Witten.
Insgesamt kann man sagen, dass die Querdenkszene zwar krude und durchaus gefährlich ist, aber nicht (rechtsradikal) organisiert ist. 
Dies gilt es im neuen Jahr beizubehalten. Denn auch die Identitäre Bewegung hat sich zum Ende des Jahres nach langer Zeit wieder in Witten blicken lassen und versucht jetzt unter dem Namen „Bürgeraufbruch“ an die QuerdenkerSzene anzudocken. Auch wenn die Identitären Struturen aktuell kaum Außenwahrnehmung erzielen, sind ihre Kader weiterhin ideologisch gefestigt und agieren jetzt eher klandestin. Das liegt zum einen an einer starken antifaschistischen Recherchearbeit und polizeilicher Verfolgung, zum anderen aber auch daran, dass die Grenzen praktisch dicht sind und kaum noch Geflüchtete nach Deutschland kommen. Wenn sich dies ändern sollte und der deutsche Mob durch Springermedien wieder angeheizt werden, stehen die Faschist*innen wieder in den ersten Reihen und propagieren ihren Menschenhass.
Organisieren und vernetzen!
Dieses Jahr gab es neben dem klassichen „gegen Nazis“ auch noch eine Menge anderer sozialer Kämpfe in Witten, die wir in Kürze vorstellen wollen:
Obwohl die (Straßen-)proteste von Fridays for Future mit Beginn der Pandemie fast vollständig aufhörten, konnte die Ende Gelände Gruppe in Witten einige Akzente setzen und sich weiter vernetzen. Auch andere Crews scheinen die Mär vom individuellen Konsumverzicht zu hinterfragen und das System in Gänze zu kritisieren, was angesichts der Kämpfe um den Danni oder #AlleDörferbleiben am Hambacher Tagebau absolut notwendig ist.
Sowohl durch den rechtsradikalen Anschlag in Hanau am 19. Februar, als auch durch die Ermordung von George Floyd entflammte eine riesige Wut auf den Rassismus der weißen Mehrheitsgesellschaft und die Behörden. Immer mehr von Rassismus Betroffene erhoben ihre Stimmen und organisierten sich in Migrantifa, BlacklivesMatter-Gruppen und Panthifa. Auch wenn dies aktuell in Witten nicht der Fall ist, gab es trotzdem eine Menge empowernder Protestformen. Wir erinnern uns an die eindrückliche Rede von Williams Atweri vom Verein „Begegnung mit Afrika“ auf der ENSSQKundgebung am 6. Juni. Außerdem wurden immer wieder Plakate mit Bezug auf Hanau und Black Lives Matter im Straßenbild und Cafes gesichtet. Am 19.04. wurden zudem Holzkreuze mit der Aufschrift „Rassismus tötet“ in Witten und Bochum aufgestellt und erinnerten an die Opfer rechtsradikaler Morde. Am 13. Oktober gab es einen Vortrag von Alice Hasters über Rassismus und eine Gruppe Wittener*innen hat ein sehenswertes Video über eigene Erfahrungen und Alltagsrassismus gedreht.
Nach dem Brand in Moria sammelten sich am gleichen Tag rund 80 Menschen auf dem Rathausplatz und forderten die sofortige Evakuierung der Geflüchteten. Trotz vollmundiger Versprechen durch die SPD ist bis heute nichts passiert. Im Gegenteil verschlimmmert sich die Situation an den Außengrenzen zunehmend. Auch wenn Witten „Sicherer Hafen“ ist, hilft das den Betroffenen vor Ort durch das Mauern der Regierung und Horst Seehofer wenig. Aus diesem Grund ist die Seebrücke Witten deutlich aktiver geworden und konnte mit einer großen Kundgebung bei strömenden Regen und einer großangelegten Transpiaktion weiter Druck aufbauen.
Durch die MetooDebatte 2019 wurden Gleichberechtigung der Geschlechter und Feminismus auf die Tagesordnung gesetzt und auch 2020 haben die Themen nicht an Schärfe verloren. Um so mehr freut uns, dass die feministische Gruppe Witten, die vor allem in universitären Kontexten aktiv ist, wichtige Gedankenanstöße auf vielen Kundgebungen in Witten einbrachte. Außerdem organisierte sie einige Veranstaltungen zusammen mit der Werk°stadt zu den Themen Empowerment und Healthcare und auch das Trotz Allem organisierte in Kooperation mit der Werk°stadt zwei Workshops. Am 13.12. gab es eine feministische Kundgebung, die sich mit dem Frauenstreik und dem Abtreibungsverbot in Polen solidarisierte, wir empfehlen euch dazu den spannenden Podcast mit der Organisatorin Agniezka.
Neben den vielen neuen Gruppen haben sich auch bewährte Strukturen in die sozialen Kämpfe eingebracht. Da sei zum einen das Friedensforum zu nennen, welches mit kleinen Kundgebungen, einem Onlinevortrag und verschiedenen Redebeiträgen auf den Kundgebungen von ENSSQ über die Themen Aufrüstung und Krieg aufklärte. Zum anderen macht der MieterInnenverein Witten eine hervorragende Arbeit gegen Mieterhöhungen und Investor*innen. 
Und auch die Kunst- und Kulturszene scheint sich immer mehr mit linken Ideen vertraut zu machen und bringet sich immer stärker ein. Da diese Branche mit am meisten unter den Coronamaßnahmen zu leiden hat, ist hier eine Organisierung bitter nötig, um in Zukunft nicht zu verarmen.
Kämpfe verbinden – rein in das Leben!
Auch wenn es schön anzusehen ist, dass so viele Menschen anfangen, sich auf ihrem Interessensfeld zu organisieren, wird es auf Dauer nicht reichen, wenn jede Gruppe in ihrem Bereich allein operiert. So erzielt man kaum Außenwirkung und erreicht nur die eigene (Algortithmus-)Bubble. Es gilt, sich zu vernetzen und alle gemeinsam für das große Ganze zu kämpfen. Dafür wird es nicht reichen, nur gegen Rechte zu sein, sondern wir müssen analysieren, wer verantwortlich ist – für Abschottung, Politik für Reiche, rassistische Behörden, Klimazerstörung, Aufrechterhaltung patriarchaler Strukturen usw. Hören wir uns an, was die Menschen zu sagen haben, entfachen wir ihre Wut auf die ganze Scheiße und kämpfen wir für eine gerechte und befreite Gesellschaft. Fangen wir im Kleinen und vor unserer Haustüre an. Wir sind die Disteln im Asphalt. Wenn ihr euch antifaschistisch organisieren wollt, Interesse habt, bei einer der genannten Gruppen mitzumachen oder selbst Ideen umsetzen wollt, dann kontaktiert uns. Wir unterstützen gerne! 
Vielen Dank an alle, die mit uns so erfolgreich gegen Rechte und Reaktionäre in Witten und Umgebung gekämpft haben. Danke an alle, die uns unterstützt und kritisiert haben. Danke, an alle, die so mutig sind und sich gegen Staat, Nazis, Polizeikräfte und die ganze Scheiße auflehnen!
Auf in ein neues Jahr – Geschichte wird gemacht!

Edelweißpiratinnen

..auch die Edelweißpiratinnen haben sich zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 wieder blicken lassen und ein neues Video veröffentlicht:

Der Beschreibungstext:

Am 8. Mai forderten wir, den Schwur von Buchenwald „Nie wieder Faschismus“ umzusetzen. Seitdem ist viel passiert. Rechte Chatgruppen bei der Polizei, menschenunwürdige Situationen in den griechischen Geflüchtetenlagern und tagtäglich Übergriffe auf Menschen, die nicht in das faschistische Bild passen. Dazu gehört auch der Angriff auf jüdisches Leben. In deutscher Tradition wird die Shoa geleugnet, umgedeutet oder Mahn- und Gedenkorte geschändet. Jüdische Einrichtungen und Synagogen werden mit Hakenkreuzen beschmiert, jüdische Restaurants angezündet und Jüd*innen überfallen.

Aus den Erfahrungen der Novemberprogrome 1938 planten die Nazis die Durchführung der Shoa. Die ausbleibenden Proteste der Zivilgesellschaft beim Anblick brennender Synagogen und der fehlende Widerspruch bei der Misshandlung vieler Jüd*innen waren die Basis für die späteren Deportationen und Massenmorde an unzähligen Menschen.
Wer aktuell schweigt, stimmt zu und ebnet den Rechten den Weg, ihre Verbrechen durchzuführen!
Auf welcher Seite stehst du?

Erinnern heißt kämpfen!

Dass die Stadt Witten das jährliche Gedenken abgesagt hat, ist zwar bedauerlich, jedoch nachvollziehbar. Nichts desto trotz erachten wir es auch in diesem Jahr als notwendig, uns an die Verbrechen der Nazis zu erinnern.
Wir wollen heute an die Opfer der Novemberpogrome im Jahr 1938 und der Shoah denken. Unzähligen Jüd*innen, die zuvor schon massiven Drangsalierungen der Nazis ausgesetzt waren, wurde in den Tagen um den 9. November jegliches Hab und Gut genommen, die Synagogen und Gebetsräume zerstört und Menschen eingesperrt und ermordet.
Wir gedenken dem Leid und der Ungerechtigkeit, denen so vielen durch die Nazis ausgesetzt waren. Auch wenn wir uns nur bedingt in die Lage der Betroffenen von früher hineinversetzen können, können wir jedoch ihre Geschichten weitererzählen und uns an sie erinnern.
An was wir uns auch erinnern müssen, ist, wie die Nazis es schaffen konnten, ein Klima der Gleichgültigkeit und Verrohung zu schaffen, in der all die Verbrechen ohne nennenswerten Widerspruch der Gesellschaft durchgeführt werden konnten
Mit dem Beginn der Machtübernahme durch die Nazis wurden die deutschen Volksreihen geschlossen und die Feinde markiert. Neben politischen Oppositionellen, Kommunist*innen und Anarchist*innen wurden vor allem die Menschen als Feind und Problem dargestellt, die einer angeblichen „gesunden“ deutschen Rasse schaden würden. Dies waren neben Schwarzen, Sinti & Roma, Homosexuellen und Menschen mit Behinderung vor allem Jüd*innen, die als Sündenböcke für jedwedes Übel benannt wurden. Die regierenden Nazis und die gleichgeschalteten Medien konstruierten eine jüdische Weltverschwörung, die so mächtig sei, dass sie für jede Missernte, Geldknappheit oder welches Leid auch immer, verantwortlich seien, mit der Absicht, den „Deutschen“ zu schaden. Gleichzeitig wurden über die Vermittlung von Bildung und Kultur jüdische Menschen als Tiere und als der Inbegriff böser christlicher Moralvorstellungen, die seit dem Mittelalter existieren, dargestellt. 
Aufgepeitscht durch diese Stimmung, fanden die Gesetze der Nazis großen Anklang in der Gesellschaft, ging es doch vielen Deutschen dadurch scheinbar besser. Die Politik und Propaganda der Nazis wirkte so gut, dass bei den Novemberpogromen der Widerspruch bei breiten Teilen der Bevölkerung fast vollständig ausblieb und sie sogar mitmachten oder sich zumindest im Nachhinein daran bereicherten. 
Die diffuse Vorstellung, dass „die Jüd*innen“ im Geheimen die Welt kontrollieren und am Leid der „einfachen Menschen“ Schuld sind, konnte nur die logische Konsequenz nach sich ziehen, alle jüdischen Menschen zu ermorden, ob Mann, ob Frau, ob alt, ob jung. Die Folge war die Shoah. Das Ziel, jedes jüdische Leben zu vernichten. Voraus ging eine kulturelle Entrechtung, eine Markierung und die Entmenschlichung.
Unsere Aufgabe ist es, aus der Vergangenheit zu lernen, die Propaganda der Rechten zu erkennen und den Antisemitismus zu zerschlagen.
Erinnern heißt kämpfen!
Nie wieder Faschismus, nie wieder Deutschland!

Aufgrund des ausfallenden Gedenkens haben wir gemeinsam mit der SDAJ Witten eine Kundgebung im kleinen Kreis veranstaltet. Neben unseren Redebeiträgen hat der Wittener Historiker Ralph Klein einen kurzen Einblick in seine umfassende Arbeit zu lokalen Geschehnissen gegeben, sein Buch Der Novemberpogrom 1938 in Witten (84 Seiten, DeNoantri-Verlag) kann im Wittener Stadtarchiv oder der der Buchhandlung Lehmkul gekauft werden.

Tag und Nacht wird sie bei dir sein.. die Polizei!

Die konstant bleibende Anzahl an COVID-19 erkrankten Menschen und das Fallen der Ansteckungsrate auf unter eine Person, verleitete regierende Politiker*innen dazu, verschiedene Beschränkungsmaßnahmen zurückzunehmen. So kann ein Großteil der Gesellschaft wieder der Lohnarbeit nachgehen, in der Innenstadt shoppen oder ins Fitnessstudio rennen. Ein Gefühl der Normalität schleicht sich ein.

Jedoch sind zwei Maßnahmen immer noch Vorschrift: Zum einen die Abstandsregel von 1,50m pro Person, zum anderen dürfen sich keine Personengruppen aus mehr als zwei Haushalten im öffentlichen Raum aufhalten. Im Betrieb, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkaufen ist dies kaum möglich, jedoch müssen Menschen das Risiko auf sich nehmen, um ihren Job nicht zu verlieren. Unter der Woche gehen Menschen roboten und sollen die Wirtschaft durch Einkäufe ankurbeln. Am Wochenende sollen sie sich isolieren, keine andere Menschen treffen und keine Kultur erleben.

Diese Regeln umzusetzen, können und wollen jedoch nicht alle. Nach einer anstrengenden Arbeitswoche ist das Bierchen mit Freund*innen für viele ein wichtiger Ausgleich. Auch Menschen, die alleine oder mit einer großen Familie auf engem Raum leben, zieht es nach draußen. Ebenso Wohnungslose und Jugendliche, die sich der elterlichen Kontrolle entziehen, sind auf den Straßen unserer Stadt unterwegs.

Während das Treiben in der Innenstadt zu Öffnungszeiten der Geschäfte mit dem Ordnungsamt oder den lokalen Streifenpolizist*innen überwacht, bleibt es häufig bei Hinweisen oder Ermahnungen. Auch bei den Ansammlungen der Corona-Leugner*innen wird ein Auge zugedrückt. Dies ändert sich in den Abendstunden, während derer seit circa einer Woche die Hundertschaft aus Bochum in Witten im Einsatz ist.

Die Hundertschaft ist normalerweise dafür da, Großveranstaltungen, wie zum Beispiel Fußballspiele, abzusichern. Da dieses Arbeitsfeld zur Zeit wegfällt, sollen sie anscheinend an öffentlichen Orten für „Recht und Ordnung“ sorgen. Die oben beschriebenen Gesetze geben ihnen ein weiteres Werkzeug für willkürliche Repression in die Hand, um jegliche (unliebsame) Gruppe an Menschen überprüfen und ggf. bestrafen zu können. Sie patroullieren in vollbesetzten Mannschaftswagen durch die Straßen und beargwöhnen jede Form von sozialem Miteinander. Wird ein Fehlverhalten ausfindig gemacht, werden teilweise mit mehreren Einsatztruppen in 1:1-Betreuung vollständige Personenkontrollen durchgeführt. Manchmal bleibt es bei einem Bußgeld, manchmal werden zusätzlich Anzeigen geschrieben oder Festnahmen vorgenommen. Es ist kein Zufall, dass häufig Migrant*innen oder sozial Schwache den Kontrollmaßnahmen ausgeliefert sind, da nach bei der Polizei bestehenden Ressentiments gehandelt wird, oder wie sie sagen würden: „Erfahrungswerte“. Dass die Hundertschaft bei den Kontrollen nicht besonders rücksichtsvoll vorgehen, verwundert nicht weiter, wenn man bedenkt, dass sie sonst rivalisierende Fußballgruppen auseinander hält.

Das kann aber nicht die Lösung sein, sondern schafft nur weitere Probleme!

Anstatt sich mit Abstand im Park zu verabreden, werden die Menschen dazu gedrängt, sich in ihren stickigen Wohnungen treffen. Sie werden sich ungerecht behandelt fühlen, wenn sie sich bei ihren Arbeitskolleg*innen anstecken, aber 250 Euro bezahlen müssen, wenn sie zu dritt die Straße entlang gehen. Häusliche Gewalt und psychische Krankheiten durch Isolation werden ebenfalls zunehmen.

Daher fordern wir: Die Hundertschaft raus aus Witten! Mehr Gesundheitsschutz auf der Arbeit! Soziale Gerechtigkeit statt Überwachung des Sozialen!

Und falls ihr doch in Kontakt mit der Polizei geratet, denkt daran: Anna und Arthur haltens Maul!

Edelweißpiraten am Berger Denkmal

Zum 8. Mai, dem 75. Jahrestag des Sieges über NS-Deutschlad, sind die Edelweißpiraten Witten in die Öffentlichkeit getreten! Am Berger Denkmal im Hohenstein wurde ein großes Banner gedroppt, hier findet sich das hübsche Video dazu:

Folgende Nachricht wurde uns übermittelt:
Hallo alle miteinander,

wir sind die Edelweißpiraten Witten! Wir sehen uns in der Tradition der Edelweißpiraten zur Zeit der NS-Diktatur in Deutschland.

Wir glauben nicht, dass mit dem Ende des zweiten Weltkrieges, der Faschismus verschwunden ist. Wir sind deswegen 75 Jahre später aktiv geworden, um den Faschismus und seinen Nährboden, auf dem er gedeihen kann, zu bekämpfen. Ungleichheit, Macht, Diskriminierung, Konkurrenz und Ausbeutung sind tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt. Sie gilt es zu verändern, damit NIE WIEDER auch wirklich NIE WIEDER bedeutet. Wir haben am Wochenende das deutlich gemacht, indem wir ein riesiges Transparent am Bergerdenkmal aufgehangen haben, damit weithin sichtbar
ist, dass der Nazismus in Witten, Deutschland und weltweit zerschlagen gehört!

Das haben wir als Video festgehalten.

vimeo.com/416893921

Schaut es euch gut an, verbreitet es und nehmt es als Denkanstoß für das eigene Handeln.

Nie wieder Faschismus – Deutschland entnazifizieren!

f:antifa – Widerständige Frauen in Witten

In der Nacht zum 8. Mai war die f:antifa Bochum unterwegs und hat auch in Witten eine Gedenkstelle für eine Widerstandskämpferin in der NS-Zeit aufgebaut.

Anna Elfriede Möhrke, geb. Christoph + 29.10.1890 in Groß Gay Abbau (Posen) – + 29.04.1974 in Witten

Elfriede Möhrke lebte von 1915 bis in die 1930er Jahre mit ihrem Mann und ihren 3 Kindern in der damaligen Wilhelmstraße 24, heute Galenstraße. Als aktives Mitglied der KPD in Witten wurde sie im März 1933 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Dieses Amt konnte sie aber wegen der Machtergreifung der Nationalsozialisten nicht antreten, da diese die Zuteilung der Sitze an die gewählten kommunistischen Vertreter*innen für unwirksam erklärten. Nach der erzwungenen Auflösung der KPD war sie im Wittener Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv. Sie wurde 1935 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verhaftet und zu zwei Jahren Haft verurteilt. Wenige Tage nach der Haftentlassung wurde sie erneut von der Gestapo zunächst im Polizeigefängnis Witten und später in Bochum eingesperrt. Von dort aus wurde sie erst in das Frauen-KZ Moringen bei Hannover und danach in das Frauen-KZ Lichtenburg bei Torgau deportiert. Am 4. Juni 1938 kam Anna Elfriede Möhrke aus dem Konzentrationslager frei. Frau Möhrke überlebte die Verfolgungszeit und wohnte seit 1946 in der Wilhelmstraße 19 und in den 1950er Jahren in der Kirchstraße. Anna Elfriede Möhrke starb am 29. April 1974 in Witten. Heute erinnert ein vom Wittener Friedensforum gestifteter Stolperstein in der Galenstraße an die couragierte Frau.

Alle weiteren Infos gibt es hier.

Aktivismus in Witten. Was geht so, trotz Corona?

Die hochansteckende Erkrankung COVID-19 und die damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln verändern linken Aktivismus. Wir haben keine Möglichkeit mehr, uns in sozialen Räumen zu treffen, auszutauschen und zu bilden. Gleichzeitig können wir nur stark eingeschränkt demonstrieren und uns kollektiv bestärken. Doch gerade jetzt, wenn die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems mit aller Wucht einschlagen, gilt es solidarisch eine gerechte Politik zu fordern und gemeinsam in die Tat umzusetzen. Um also auf der einen Seite Menschen nicht durch Ansteckung und der damit einhergehenden Verbreitung zu gefährden, auf der anderen Seite aber Druck auf die regierende Politik und die Reichen der Gesellschaft auszuüben, bedarf es einer Modifizierung linker Praxis.

Nach einem Monat weitestgehender Ruhe vor rechter Propaganda und sinkender Umfragewerte für die AfD, scheinen sie jetzt im Wasser von Verschwörungstheorien und Protest gegen die Infektionsschutzmaßnahmen wieder Fahrt aufzunehmen. Es braut sich eine trübe Suppe aus Wirtschaftsvertreter*innen, Neoliberalen, Querfront, Antisemitismus und Esoterik an, die ähnlich wie bei Pegida von Teilen der deutschen Presse großgeschrieben wird. Aus antifaschistischer Perspektive dürfen wir nicht unsere Ressourcen damit verschwenden, jede einzelne noch so absurde Verschwörungstheorie aufzudecken und skandalisieren zu wollen, da wir ihnen so nur die gewollte Reichweite verschaffen. Wir müssen eigene Antworten auf die Probleme der Menschen geben und ihnen eine Alternative zu Konkurrenz und Ausbeutung bieten.

Durch das Umsetzen von „physical distancing“ (körperlicher Distanz) hat sich ein Großteil linker Politik auf die digitale Welt verlagert. Dieses stark vernachlässigte Feld bietet einige große Vorteile. Da sich in unserer Mediengesellschaft eine Vielzahl der Menschen regelmäßig bis zu mehreren Stunden im Internet informiert, können so mit wenig Aufwand politische Inhalte vermittelt werden. Der Abbau von Barrieren ermöglicht sich zu bilden und zu vernetzen. Wir wären zum Beispiel niemals nach Halle gefahren, um uns einen Vortrag anzuhören. Auch das Aneignen von technischen Fähigkeiten und das effektive Nutzen von sozialen Plattformen wird weiterentwickelt. Das ist auch dringend notwenig, wenn man berücksichtigt, dass die eigenen Inhalte allzuhäufig an der eigenen Freundes- und Algorithmusbubble hängen bleiben und nur Menschen erreicht, die ohnehin schon die gleichen Gedanken teilen.
Aus diesem Grund bleibt der Aktivismus auf der Straße unumgänglich.

Hierfür wollen wir Beispiele aus unserer knapp 100.000 Menschen-Stadt der letzten Wochen vorstellen:

Eigene Inhalte sichtbar machen!

Als klassische Form bleibt das Plakatieren im öffentlichen Raum eine bewährte Möglichkeit, Passant*innen zu erreichen. So sind Plakate für eine solidarische Gesellschaft und einen selbstbestimmten Umgang mit der Coronakrise aufgetaucht. Es lohnt sich bei den Menschen Gedankenanstöße auszulösen und sie in kleinen Schritten Richtung einer progressiven Einstellung zu bewegen.Die neu etablierten Gabenbäume sind eine Möglichkeit, praktische Solidarität mit allen zu zeigen, die finanziell unter der Corona-Krise leiden. Wer im eigenen Viertel Ähnliches umsetzen möchte, kann sich unsere Flyer als Vorlage ausdrucken.

Am 25. April gab es in der Wittener Innenstadt eine Aktion unter dem Label der „Seebrücke“, initiiert durch die lokale Ende Gelände-Gruppe. An zentralen Orten wurden Eimer mit (abwaschbarer) Farbe und Kreide positioniert, die genutzt werden konnten, um die Inhalte und Forderungen im Stadtbild sichtbar zu machen. Dieses Mitmachangebot wurde von vielen Freund*innen und Bekannten angenommen und die Teilnehmenden kamen mit unzähligen weiteren Menschen ins Gespräch. Viele Menschen lasen die Botschaften und erkundigten sich. Das Ganze wurde mit Plakaten, Transparenten, Flyern und anderer Symbolik garniert und erzeugte viele ästhetische Bilder für Print und soziale Medien.

Die zweite größere Aktion wurde am internationalen Arbeiter*innenkampftag durchgeführt. Maßgeblich vom soziokulturellen Zentrum Trotz Allem initiiert, wurde dazu aufgerufen, Transparente mit antikapitalistischen und kritischen Parolen sichtbar zu machen. So wurden am 1. Mai rund 15 Transparente in Witten verteilt gesichtet. Neben der Hoffnung, dass es möglichst viele Menschen gesehen und ihre Emotionen und Gedanken beeinflusst hat, wurde eine schöne Auswahl unter #SolidaritaetstattKonkurrenz gebündelt der Followerschaft präsentiert.

In den beschriebenen Fällen hat sich gezeigt, dass Mitmachaktionen gut angenommen werden. Die Parole „werdet aktiv!“ mit konkreten Handlungsvorschlägen zu füllen, bietet die Möglichkeit indiviuell in der WG, Familie, zu zweit oder alleine niederschwellig aktiv zu sein und sich trotz Corona nicht alleine und gelähmt zu fühlen.

Nutzen wir das Potential, dass aktuell viele Menschen mehr Zeit haben für unsere Praxis! Üben wir gemeinsam und jede*r für sich Druck auf die Politik und die anstehenden Kommunalwahlen aus!

Es geht voran, Geschichte wird gemacht!
Nichts wird uns geschenkt, alles muss erkämpft werden!
Siamo tutti antifascisti!

Rassismus tötet

Rassistische und rechtsextreme Gewalt zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Bundesrepublik Deustchland. Seit 1990 zählt die Amadeu Antonio Stiftung 208 Todesopfer rechtsextremer Gewalt.

Durch die Corona-Krise ist eine längst überfällige Diskussion, die über rechtsextreme Gewalt, noch weiter in den Hintergrund geraten.

Mit unserer Aktion wollen wir auf die tödlichen Folgen von Rassismus aufmerksam machen.
In der Nacht auf Montag sind in Bochum und Witten zahlreiche Gräber als Mahnmahl entstanden.

Rechtsextreme Gewalt ist trauriger Alltag in Deutschland, so wurden im ersten Halbjahr 2019 über 609 Angriffe auf Geflüchtete, ihre Unterkünfte und auf solidarische Menschen gezählt, mehr als drei pro Tag. Während die Bundesrepublik selbst von nur 94 Todesopfern seit 1990 spricht, werden von Journalist*innen und Initiaiven über 200 Opfer gezählt.
Bereits Anfang der 1990er Jahre erlebte rassistische Gewalt in Deutschland einen Aufschwung, bei einem Brandanschlag auf zwei Häuser in Mölln 1992 starben drei Menschen, 1993 gab es bei einem Brandanschlag auf die Familie Genc in Solingen fünf Todesopfer. Am 18. Januar 1996 wurde ein Anschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Lübeck verübt, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen.
Auch in Bochum gibt es tödliche rechte Gewalt: Josef Anton Gera wurde am 14. Oktober 1997 erschlagen und erlag drei Tage später seinen Verletzungen.
Am 7. Januar 2005 wurde der Geflüchtete Oury Jalloh Opfer eines rassistischen Mordes.
Im März selben Jahres erstoch ein Dortmunder Neonazi den Punker Thomas Schulz.
Bei einem rassistisch motivierten Anschlag in München wurden am 22. Juli 2016 neun Menschen getötet.

Der rechte Terror bleibt auch in jüngster Zeit ein Thema. Am 09. Oktober 2019 versuchte ein rechtsextremer Täter eine Synagoge in Halle anzugreifen, was ihm nicht gelang. Daraufhin erschoss er eine unbeteiligte Passantin und kurze Zeit später einen Menschen in einem Dönerimbiss.
Die rasende Entwicklung erreichte am 19. Februar 2020 ihren vorläufigen Höhepunkt: In Hanau wurden neun Menschen in zwei Shishabars erschossen.
Vor knapp zwei Wochen, am 07. April 2020 wurde ein 15-jähriger Junge Opfer rassistischer Gewalt, als dem er von einem Täter angegriffen und niedergestochen wurde. Er kam im Jahr 2015 mit seiner Familie nach Deutschland. Die Familie überlebte den vom Islamischen Staat verübten Genozid an Jezid*innen im Irak.

Wie unbehelligt rechter Terror in Deutschland seinen Schrecken verbreitet, zeigt das Beispiel des NSU.
Zwischen 2000 und 2007 töteten die Terrorist*innen zehn Menschen, begangen drei Sprengstoffanschläge und 43 versuchte Morde sowie 15 Raubüberfälle. Dass im Kampf gegen rechtsextreme Gefahr auf den Staat kein Verlass ist, wurde bei den Ermittlungen zum NSU-Komplex deutlich, immer wieder wurden seitens des Verfassungsschutzes Akten vernichtet oder wichtiges Beweismaterial und Informationen unterschlagen.
Der NSU-Komplex zeigt eindeutig: Der Staat ist auf dem rechten Auge blind.

Wir rufen dazu auf, weitere Gräber im öffentlichen Raum zu errichten.
Erinnern heißt kämpfen!
In Gedenken an die Opfer rassistischer Gewalt in Witten und überall!

..die praktische Solidarität wächst!

Anfang der Woche wurde der Gabenzaun in Witten initiiert. Wir haben freudig beobachten können, wie die Gaben genutzt werden und wie andere Menschen den Baum wieder mit neuen Tüten behängen. Danke an alle für die Beteiligung!

Nun gibt es zwei weitere Orte:

  • Ossietzky-Platz in Witten (circa Wideystr. 44)
  • Langendreer Markt

Lasst uns dabei helfen, dass all unsere Mitmenschen diese schwere Zeit gut überstehen. Bringt verschlossene Tüten mit Lebensmitteln oder Sachspenden zu den Gaben-Orten, wenn ihr etwas abgeben könnt. Wenn ihr etwas braucht, geht zu einem der Orte und nehmt es euch.

Für ein solidarisches Miteinander!